Käsesommelier im Portrait 02.2020
Melanie Koithahn
Diplom Käsesommelière & Fromelière
Mitglied der französischen Käsebruderschaften Guilde Internationale des Fromagers Sainte-Uguzon und Confrerie des Chevaliers du Taste-Fromage de France
Melanie Koithahn ist eine der gefragtesten Trainerinnen der Branche. Sie selbst absolvierte die Fortbildungen zur Diplom Käsesommelière und Fromelière und ist Mitglied der französischen Käsebruderschaften Guilde Internationale des Fromagers Sainte-Uguzon und Confrerie des Chevaliers du Taste-Fromage de France. Ihre Erfahrung sammelte Sie im aktiven Verkauf im Familienbetrieb, Sie leitete langjährig das größte Fachgeschäft des Unternehmens mit einer Fleisch-, Wurst- und Käsetheke. Durch den aktiven Verkauf, unzählige Fortbildungen, Fachliteratur, Trendreisen und Workshops eignete Sie sich ihr heutiges Wissen an. Heute engagiert sie sich an der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk Weinheim e.V., beim Deutschem Fleischer Verband, beim VHM, dem Verband für handwerkliche Milchverarbeitung im ökologischen Landbau e.V., im European Cheese Center in Hannover, der Käseakademie, an Weiterbildungszentren des Handels sowie als Prüferin bei der Deutschen Käseprüfung für handwerklich hergestellte Käse in Deutschland.
Einen der Lehrabschnitte zur Ausbildung zum Fromelier begleitet Sie an der Käseakademie in Bad Tölz und leitet die Ausbildung zum European Cheese Expert (Fromelier) in Hannover. Als Dozentin für die Ausbildung zum Diplom Käse-Sommelier unterstützt Sie die Fortbildung in Deutschland.
Durch ihre Initiative startete 2012 die erste Ausbildung zum Diplom Käse-Sommelier in Deutschland. Sie ist in vielen Fachzeitschriften mit Beiträgen, Empfehlungen und Interviews präsent und steht hier mit Rat und Tat zur Seite. In lebendigen und erfrischenden Seminaren und Trainings vermittelt sie Käse Wissen nachhaltig und effektiv an Führungs- und Fachkräfte im aktiven Käseverkauf.
Verein Käsesommelier Österreich: 2010 hast Du die Ausbildung zur Diplom Käsesommelière in Österreich besucht. Was hat Dich dazu bewogen diese Ausbildung zu machen?
Melanie Koithahn: Es gab damals keine fachliche Ausbildung mit Berufsabschluss zur Käsefachverkäuferin für den Handel. Also ging ich nach Österreich und besuchte diese Ausbildung.
Verein Käsesommelier Österreich: Du hast aber schon zuvor ein großes Käsewissen gehabt und warst auch in der Käsepraxis top. Welche Ausbildungsthemen waren dann davon für Dich am meisten von Nutzen?
Melanie Koithahn: Zunächst war es einmal die Vielfalt der Käseländer und der unzähligen Käse, die ich in der Ausbildung kennen lernen durfte. Vor allem das Hintergrundwissen warum welcher Käse sich wo entwickelt hat, die Strömungen und Entwicklungen der Käse in der Käsegeschichte. Jetzt ist alles verständlich für mich, wenn ich z.B. Pecorino höre. Auch die Sensorik war klasse, da profitiere ich heute extrem davon. Heute kann ich die Qualität eines Käses und sein typisches Aroma bestimmen, auch, ob es sich um einen Fehler handelt.
Verein Käsesommelier Österreich: Du hast Dich dann sehr darum bemüht diese Ausbildung auch nach Deutschland zu bringen und 2012 war es dann ja in Hannover soweit. Was war die Motivation für Dich, um diese Ausbildung auch in Deutschland anbieten zu können?
Melanie Koithahn: Ich war in unserem Käsefachgeschäft und Fleischergeschäft verantwortlich für die Abteilung. Wir hatten permanent so ca. 300 Käsesorten im Verkauf. Ich musste das ganze Käsewissen aber all den Mitarbeitern selbst beibringen, da es ja damals keine Ausbildung am Markt gab. Es gab auch keinen Trainingsbereich dafür, aber der Bedarf war sehr groß. Also machte ich mich daran, den Start mit dieser Ausbildung in Deutschland vorzubereiten. 2012 war es dann schon soweit und wir konnten die erste Ausbildung im ECC Hannover starten.
Verein Käsesommelier Österreich: Man sagt in Deutschland werden die schönsten und besten Käsetheken gestaltet. Was können die Betriebe aber tun, um noch mehr Käse zu verkaufen, bzw. die Bedienungstheken noch besser zu machen.
Melanie Koithahn: Mit Käse kann man erfolgreich sein, man sieht in den Theken unzählige Käsespezialitäten aus Europa, die da angeboten werden. Wenn die Kunden aber beginnen intensiver Fragen zu stellen, merkt man das bei den meisten Verkäufern/innen das Fachwissen fehlt. Dabei wäre es so wichtig den Kunden Information zur Konsistenz, zum Geschmack, zur Lagerung aber auch zum Verzehr mit den Beigaben und korrespondieren Getränken dazu, zu geben. Schau mal, wie oft wird ein Brie de Meaux in Folie gequetscht, dass er keine Luft mehr zum Atmen hat, eine Valencay in ihrer Folie erstickt oder wie ein Roquefort in seiner Folie schön völlig durchweicht daliegt. Das muss einen doch nachdenklich machen. Kompetenz kann man auch lernen!
Verein Käsesommelier Österreich: Welche Trends und Entwicklungen siehst Du am Käsesektor?
Melanie Koithahn: Da gibt es Vieles. Schau, vor etlichen Jahren hat man z.B. Bio schon totgesagt. Schon die nachteiligen Auflagen, dass man eigene Käsemesser und Käsemaschinen zum Schneiden benötigt und vieles mehr, hat bei nicht wenigen Menschen hinter der Theke schon Unmut erzeugt. Und dennoch hat sich diese Schiene heute etabliert. Biokäse lockt zahlreiche Kunden, auch Vegetarier und Menschen, denen das Thema Nachhaltigkeit ein Anliegen ist.
Verein Käsesommelier Österreich: Regionalität und Nachhaltigkeit sind ja Begriffe, die heute im Lebensmittelsektor die Schlagzeilen prägen. Wo siehst Du hier denn den Bereich Käse? Ist das eher ein Vorteil oder eher ein Nachteil für den Käsesektor?
Melanie Koithahn: Das hat mit dem steigenden Bewusstsein der Menschen für Nachhaltigkeit zu tun. Einem handwerklich arbeiten Höfkäsebetrieb nimmt man eher ab, dass er für Regionalität und Nachhaltigkeit steht. Auch die großen Käsehersteller engagieren sich auf diesem Sektor, dieses Thema wird uns die nächsten Jahre noch intensiver begleiten.
Verein Käsesommelier Österreich: In Deutschland merkt man eine wachsende Nachfrage nach regionalem und handwerklich hergestelltem Käse? Wie siehst Du da die Entwicklung?
Melanie Koithahn: Ja die Nachfrage nach solchen Höfkäsen steigt, nämlich nicht nur in den kleinen Spezialgeschäften, sondern auch an den großen Bedienungstheken. Es geht um Reginalität. Die Qualität dieser Käse ist heute unfassbar gut und auch vielfältig geworden.
Verein Käsesommelier Österreich: Lebensmittel sind in Deutschland allgemein sehr günstig. Ist Käse in Deutschland auch allgemein zu billig?
Melanie Koithahn: Wenn 100g Käse für 49 Cent verkauft werden, dann frage ich mich, wer lebt denn da noch davon. Macht es wirklich Sinn, Lebensmittel zu verscherbeln damit wir nur noch billiger einkaufen können, zu welchem Preis? Wenn bei den Menschen nicht das Bewusstsein für leistbare Qualität und Geschmack einkehrt, dann gibt es am Ende des Tages sehr viele Verlierer.
Verein Käsesommelier Österreich: Du bist ja eine leidenschaftliche Trainerin und machst zahlreiche Ausbildungen und Seminare. Bei Deinem großen beruflichen Engagement, wie hältst Du Dich da fit?
Melanie Koithahn: Ich habe Pferde. Sie sind meine Energiequelle. Früher habe ich auch an Turnieren teilgenommen, heute genieße ich eher die Zeit mit meinen Tieren in der Natur.
Verein Käsesommelier Österreich: Wenn Du morgen eine Reise machen würdest, wohin soll Dich diese Reise führen?
Melanie Koithahn: Ich würde dann gerne nach England oder Schottland fahren. Ich bin kein Mensch, der seinen Urlaub am Strand verbringt. Ich interessiere mich sehr für Geschichte und Kultur und mag daher auch Städte sehr.
Verein Käsesommelier Österreich: Welche Musik hörst Du gerne?
Melanie Koithahn: Ich höre gerne Unterhaltungsmusik quer durch alle Genres. Natürlich auch klassische Musik.
Verein Käsesommelier Österreich: Welcher Film hat Dich in letzter Zeit bewegt?
Melanie Koithahn: Nichts Bestimmtes. Ich sehe aber gerne Dokumentation aus aller Welt. Wie gesagt, interessiert mich Geschichte sehr. Von den Germanen, den Römern und Wikingern und auch sonst einfach alles über die Deutschen.
Verein Käsesommelier Österreich: Aktuell gibt es geschätzt an die 300 ausgebildete Diplom Käsesommeliers/ières in Deutschland? Die Nachfrage nach dieser Ausbildung ist ja durchaus sehr hoch. Wenn nun jemand überlegt diese Ausbildung zu besuchen, was rätst Du denen? Kann man sich irgendwie vorbereiten darauf?
Melanie Koithahn: Ich sage immer lernt Landkarten: Länder, ihre Regionen und Gebiete wie beispielsweise die 20 politischen Regionen in Italien oder die zahlreichen Departements in Frankreich.
Verein Käsesommelier Österreich: Eine letzte, abschließende Frage: Wenn Du auf eine einsam gelegene Insel gehen wolltest und Käse und Trinken mitnehmen müsstest, welchen Käse und welches Getränk würdest Du Dir dann aussuchen?
Melanie Koithahn: Wenn das bedeutet ich müsste mich auf eine einsame Insel begeben wo ich nichts zu essen und trinken bekommen könnte, dann würde ich einen möglichst lang haltbaren Käse, wie z.B. einen reifen Bergkäse mitnehmen und zum Durst löschen einen 5 Liter Kanister Soda mit Zitrone und Minze.
Verein Käsesommelier Österreich: Wir danken Dir sehr herzlich für das Gespräche und die wunderbaren Ausführungen und wünschen Dir jedenfalls weiterhin Gesundheit und viel Erfolg.
Das Interview wurde von Obmann DKS Johannes Einzenberger geführt.